Ambiguitätstoleranz

Pressefreiheit, genauer die äußere Pressefreiheit,[1] ist das Recht von Einrichtungen des Rundfunks, der Presse und anderer Medien auf ungehinderte Ausübung ihrer Tätigkeit, vor allem auf die staatlich unzensierte Veröffentlichung von Nachrichten und Meinungen. (Zitat Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Pressefreiheit)
Ein elementares Grundrecht in einer freien Gesellschaft, einem demokratischen Rechtsstaat. Und ein heimlich ungeliebtes. Denn Pressefreiheit bedeutet nicht nur, dass jeder alles schreiben darf. Es bedeutet auch, dass jeder damit umgehen können muß. Es gibt ein Wort dafür.
Warum schreibe ich das? Weil ich mich, natürlich, seit meiner Zustimmung zum Ampelkoalitionsvertrag permanent dafür rechtfertigen muss, warum die FDP angeblich verantwortlich für den Untergang Deutschlands sei - ich müsse ja nur mal lesen, „was in der Presse steht“. Und: Ich höre das nun immer öfter auch von Parteifreunden, oft kurz darauf dann auch ehemaligen Parteifreunden. Heißt das, die Opposition im Bundestag macht einfach bessere Pressearbeit als die Ampelkoalitionäre?
Nein, das ist es nicht. Medien, Presse tun das was sie immer tun, was sie tun sollen: Sie schreiben ihre Meinung auf. Nicht mehr und nicht weniger. Und das darf ich auch:
Die Ampel ist nicht meine Lieblingsregierungskoalition. Sie ist die schwierigste Regierungskoalition, die ich in Deutschland kennengelernt habe, mit einigen der schlechtesten Ministern, die ich mir vorstellen kann. Habeck, Baerbock, Lauterbach. Andere hat man ja richtigerweise schon früh ausgetauscht.
Aber schlechte Minister gabs auch früher schon. Es ist nicht wahr, dass die FDP einfach nur den Hammer fallen lassen müsste, und alles wäre wieder wie früher. Apropos: Wer um Himmels willen würde sich wünschen es wäre wieder so „wie früher“? Früher war nicht alles besser. im Gegenteil Insbesondere CDU auch SPD, haben es 16 Jahre lang versäumt entscheidende Weichen in Deutschland zu stellen. Wenn die Ampel schwierig ist, dann sind die Phasen der Groko für Deutschland eine Katastrophe der Lähmung und Agonie. Mit guter Presse, das stimmt, ohne laute Regierungsarbeit, überhaupt ohne Regierungsarbeit, mit Verwaltungshandeln. Ohne Schlagzeilen und ohne Wirkung.
Nun dürfen Presse, die Allgemeinheit, die Volksstimmung soviel auf der Ampel, auf der FDP rumhacken wie sie wollen. Das ist ihr gutes Recht. Was aber der mündige Bürger nicht darf, ist einfach alles unreflektiert wiederzukäuen, was er da vorgesetzt bekommt. Wenn man das tut, kommt es eben zu diesen paradoxen Situation, dass die linken Teile der SPD sturmlaufen gegen die Position der FDP, nicht von der Schuldenbremse abzulassen und mir gleichzeitig Leute erzählen, sie treten jetzt aus der FDP aus, weil Lindner die Schuldenbremse abschaffen will. Dass mir Leute erzählen, dass die deutsche Wirtschaft stöhne und ächze unter der Ampelpolitik, und sich dabei auf Regularien beziehen, die die Groko, die CDU, die Konservativen und Grünen in Europa eingeführt haben. Und bei denen ich zu den jeweiligen Zeitpunkten der Grün-Konservativen Erlässe keinerlei Aufschrei wahrgenommen habe. Aber jetzt, seit dem in der Regierung gearbeitet wird, ist die Ampel, respektive die FDP, schuld. This is not a lovesong, aber:
Das läßt mich dann doch oft sprachlos zurück. Etwa, wenn die Junge Union im Wahlkampf zum hessischen Landesparlament, doch ernsthaft behauptete, wer in Hessen die CDU wähle, würde damit ein Zeichen gegen die Ampel in Berlin setzen. Während die CDU gleichzeitig (!) mit den Grünen in Hessen acht Jahre regiert und jetzt ohne mit der Wimper zu zucken mit der SPD im Bett liegt. In Berlin jahrelang munter mit der SPD grokoaliert hat, und auch mal mit der FDP. Was liebe CDU, stört euch denn nun an der Ampel? Welcher eurer Koalitionspartner ist es, der für Deutschland untragbare Politik macht, mit dem ihr also nie wieder koalieren könnt? Grüne? SPD? FDP?
Das ist weder ein Plädoyer für die Ampel noch gegen die Pressefreiheit. Es ist ein Plädoyer dafür, sich auch mal aus erster Hand zu informieren. Wer wissen will, wie die FDP zur Schuldenbremse steht, kriegt beim googlen jede Antwort der hören will. Das ist schön, aber gefährlich. Man kann sich so auch aus Kopfschmerzen, Übelkeit und verschwommenem Sehen einen Gehirntumor zusammengooglen, obwohl doch nur das zwölfte Bierchen gestern irgendwie komisch geschmeckt hat.
Als selbstverantwortlicher Bürger muss man da, es tut mir leid, schon etwas mehr tun. Man kann etwa einfach mal Montags die Pressekonferenz des FDP Generalsekretärs anschauen, zuhören und das was er sagt, als Position der FDP mitnehmen. Siehe unten. Das ist dann wie gesagt unter Umständen nicht unbedingt das, was man gerne hören würde, was einem am Stammtisch vorgeplärrt wird. Man kann mal hinhören, wenn die FDP sagt, dass beim Heizungsgesetz das Schlimmste verhindert hat, und die aktuellen Regeln teilweise freier sind als dass was SPD und CDU vorher beschlossen haben. Man kann mal hinhören, wenn der Verkehrsminister sagt, dass man eine Infrastruktur, die jahrelang kaputtgespart wurde, nicht in zwei Jahren fertig saniert. Mann kann sich darüber aufregen, dass die Bundeswehr zuviel, oder zuwenig Geld bekommt. Aber man kann vernünftigerweise nicht ignorieren, dass wir seit JAHREN wieder anfangen, Landesverteidigung ernst zu nehmen. Man kann sich über das deutsche Asylchaos beschweren, zu recht. Aber man kann nicht ignorieren, dass die Ampel die erste (!) Bundesregierung ist, die sich erntsthaft mit dem Thema auseinandersetzt, insbesondere auf das Bestreben der FDP hin.
Also: Wer gegen Schuldenbremse, Wirtschaftswachstum und Prosperität ist, soll bitte nicht FDP wählen. Wer aber glaubt, dass das der richtige Weg ist, der muss sich mit den Positionen der FDP auseinandersetzen. Die stehen nicht in der Bildzeitung.