Bar?

Mathias Zeuner Bezahlen mit Uhr
Bezahlen mit Uhr ist nicht immer möglich. Bild: Pixabay/MZ

Ich zahle gern mit Uhr. Bin ich deswegen dafür das Bargeld abzuschaffen? Bin ich dagegen den digitalen Euro einzuführen?

Es gibt da Missverständnisse. Etwa die Frage, ob meine Uhr denn überhaupt soviel wert wäre, wie die Rechnung die ich damit begleichen wolle. Wahre Geschichte. Das konnte ich im konkreten Fall umgehend klären, denn es ging mir nicht darum, meine Smartwatch gegen ein paar Bier einzutauschen - sondern per NFC eine entsprechende Kreditkartentransaktion zu autorisieren. Ich hab auch gar keine Rolex. Mein Geld liegt auf der Bank. Und beim Finanzamt. Deswegen hatte ich auch kein Bares dabei und musste mir was leihen.

Bei derartigen digitalen Fehlschlägen kommt es dann schonmal zu einer Diskussion: „Hör doch auf mit dem Quatsch - nur Bares ist Wahres, Bargeld ist gedruckte Freiheit, willst du, das wir auch noch unsere letzten Freiheiten verlieren?“ Kenner meiner Psyche wissen natürlich, dass mich insbesondere letzte Vorhaltung trifft wie ein Blitz.

Einschränkungen meiner Freiheit, zu wählen was ich, wie und wann, gegen Bier tausche, wäre so ziemlich das Letzte was ich will. Trotzdem ist der digitale Bezahlvorgang halt saubequem, effizient. Entweder lass ich mir mein Gehalt eben gleich bar vom Arbeitgeber geben - oder er überweist es mir und dann stellt sich doch die Frage, warum ich vor dem Kneipenbesuch erstnochmal zum Geldautomat gehen soll. Umgekehrt doch genauso beim Kneipier - erst muß er die Marie einsammeln und dann wieder zur Bank tragen - wozu der Umweg?

Sie merken, wir kommen an einen Punkt wo es heikel wird. Deswegen ganz grundsätzlich und ernsthaft: Ich werfe niemandem, der sich vehement für bare Transaktionen an der Kasse einsetzt vor, ein Steuerbetrüger zu sein, oder sein zu wollen. Und auch ernsthaft: Die Steuern in Deutschland sind zu hoch, auch beim Biertrinken. Aber darum geht es mir hier nicht.

Ich habe tatsächlich auch auf der anderen Seite schon Fachvorträge gehört, in denen gesagt wurde „Wir wissen natürlich, dass wir hier bei den Freien Demokraten mit dieser Forderung unbeliebt sind - aber Bargeld muß abgeschafft werden“. 

Letzteres halte ich für ebenso falsch, wie den Versuch digitale Bezahlvorgänge in freiheitsentzüglichen Misskredit bringen zu wollen. Natürlich ist es meine tiefe Überzeugung, dass der wertschaffende Bürger selbst entscheidet, ob er Bargeld in seine Matratze stopft, bei Amex anschreiben läßt oder in Luxusgüter investiert. Alles hat Vor- und Nachteile. Aber jetzt kommts: Die europäische Zentralbank prüft, ob sie den digitalen EURO einführt

Der Hammer. Da wird sich in der Kneipe natürlich aufgeregt. Und auch ich bin mir unsicher - ist das der Anfang vom Ende des Bargelds? Was soll das? Ist das aus volkswirtschaftlicher Sicht notwendig oder eben der rein politische Versuch den Europäer noch gläserner zu machen? Zumal die europäische Kommission die Idee wohl gut findet - und bei von der Leyen hört für mich der Spaß auf. Wenn Ursula Gertrud was gut findet, kann es nur schlecht sein.

Also mußte ich wohl oder übel mal im Finanzteil der FAZ suchen, was es mit dem binären EURO auf sich hat. Und, Chapeau, ich wurde fündig, weiß jetzt was, was ich vor der Lektüre noch nicht wußte, etwas was mir einleuchtet: Der digitale EUR würde eine Lücke schließen. Und zwar keine, die Uschi selbst erfunden hat, wie etwa um die Ecke schießende Sturmgewehre, nein, eine die so offensichtlich ist, dass ich mich selbst wundere, dass sie mir bis dato noch nie aufgefallen ist. Zur Zeit stellt nur der Besitz von Bargeld, Scheinen, Münzen, eine echte Verbindlichkeit gegenüber der europäischen Zentralbank dar. Die Kohle auf dem Girokonto nicht. Auch nicht der von Visa gewährte Zahlungsaufschub, die Fehlinvestition in ETFs oder die Submariner im Nachttisch. Nein. Nur Bares ist hier Wahres. Kurz - Jede Verrenkung die ich veranstalte um mich vor dem Münzenzählen zu drücken, macht mich von irgendeinen Mittelsmann abhängig. No offense, liebe Volks- und Raiffeisenbanken, Sparkassen und FIN-Tecs - aber nicht ihr seit es, die für das Versprechen geradestehen, dass ich für meine geleistete Wertschöpfung, die darauf entrichteten Steuern, auch zukünftig einen fairen Gegenwert bekomme - es ist die EZB.

Jetzt ist es ja nicht so, dass wir allein auf der Welt sind. Auch andere wollen und sollen von der Stabilität der europäischen Währung profitieren. Als Staat geh ich aber nicht zur EZB und hole mir güterwaggonweise Münzen ab. Ich klicke auf Links. Und wenn das beim EUR nicht geht, zumindest nicht ohne Mittelsmann, dann kauf ich eben den elektronischen Renminbi, vulgo E-Yuan. Solange also die europäische Währung noch ausschließlich aus Muschel-, sorry, Papiergeld besteht, ist sie international unter Druck, läuft Gefahr an Bedeutung zu verlieren. Und das ist schlecht, auch beim Bierkauf.

Das muß sich ändern. Ich will wählen können, ob ich bar oder digital bezahlt werde, ohne Mittelsmann. Wir brauchen den digitalen EUR, nicht um das Bargeld abzuschaffen oder Uschi glücklich zu machen. Wir brauchen ihn, damit er den Zweck erfüllt, der einst ein Grund für die Einführung war: Die Stabilität der Währung, die Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt.

Die Antworten auf die drei Fragezeichen sind: Manchmal, Nein und Nein.