Erkenntnis

Dürre im Osten, Überschwemmungen im Westen, Rückgang der Gletscher im Süden, steigender Meeresspiegel im Norden unseres Landes. In Brasilien schneit es, in den USA brennt es. Wer würde bestreiten, dass sich das Klima ändert?
Wohl niemand, der sich nicht schon mal mit der Geschichte der Erde auseinandergesetzt hat. Keine Angst. Ich versuche nicht, den überbordenden anthropogenen Einfluß auf das Ökosystem der Erde zu bestreiten, indem ich darauf hinweise, dass es einigermaßen dämlich ist, zu glauben, man könne das Weltklima anhand einer einzigen Zahl kontrollieren, buchhalterisch zügeln, politisch in den Griff kriegen. Das ist es zwar, aber: Wer weltweit und massiv fossile Stoffe verbrennt, kann sich nicht wundern, wenn der CO2 Gehalt der Atmosphäre zunimmt.
Als Teil des Problems wird wohl kein Homo sapiens bestreiten, dass sich ausbreitendes, industrielles menschliches Leben generell einen sich ebenso ausbreitenden Effekt auf das gesamte Ökosystem hat. Genauso, wie die sich entwickelnden Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns uns einen neuen Blick auf globale Zusammenhänge erlauben. Wir haben in den Apfel gebissen, uns erschreckt und wurden aus dem Paradies vertrieben.
Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir das Leben außerhalb des ökologischen Garten Edens in den Griff bekommen. Und dazu muß man global denken. Dazu muss man die Situation rational betrachten. Und dazu muss man das Ausmaß der Komplexität und Kompliziertheit der Zusammenhänge begreifen.
Es ist nutzlos, in Brandenburg Pools und in Hamburg Eigenheime zu verbieten. In der Eifel den Klimanotstand auszurufen. Den Verbrennungsmotor verbieten zu wollen, anstatt ihn der technologischen Evolution und des Wettbewerbs anheim zu stellen. Es ist nicht genug, im Wohlstand zu leben und von denen, die dorthin streben Verzicht zu fordern. Es ist zwecklos, dem Normalverdiener in Deutschland steuerlich die Luft zum Atmen zu nehmen, unter dem Vorwand, er würde dadurch wenigstens sein ökologisches Gewissen beruhigen können. Es ist scheinheilig, sich neben den Hybrid SUV ein Lastenfahrrad in die Garage zu stellen, CO2-reich hergestellt in China, um das eigene Ökogewissen reinzuwaschen.
Es ist, zusammengefasst, zu unterkomplex zu glauben, man könne die Welt retten, in dem man in Deutschland zum Bauernhof des 19ten Jahrhunderts zurückkehrt. Dazu ist es zu spät. Die Betroffenen, die Bürger, sind mit der Industrialisierung auch mündig geworden. Lassen sich nicht wie zu Kaisers Zeiten vorschreiben, wie, wo und warum sie zu leben haben. Die Erkenntnis, die man gewinnen muss, ist: Es führt kein Weg zurück. Nicht nur aufgrund der naturgesetzlich vorgegebenen Zunahme der Entropie. Sondern auch aus Gründen der Vernunft und der Verantwortung für eine wachsende Weltbevölkerung.
Anstatt uns zurück zu entwickeln, also zu verbieten, abzuschalten, Wachstum zu stoppen, zu autokratischen Staatsstrukturen zurückzukehren, müssen wir uns weiterentwickeln. Nach vorne denken und gehen. Wir müssen den Weg weitergehen, wirtschaftliches Wachstums durch den Austausch von Wissen zu erzeugen. Wir müssen Wege finden, Energie nutzbar zu machen, ohne endliche Ressourcen auszubuddeln. Wir müssen global faire Regeln zur CO2 Bepreisung finden. Wir müssen die Mobilität intelligenter und schneller machen.
Das ist eine schöne, weil hoffnungsvolle, aber gleichzeitig auch eine bittere, weil die eigene Verantwortung deutlich machende Erkenntnis. Auf dem Bauernhof war es, erkenntnistheoretisch, einfacher.