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FDP Mitglied, besitzt keinen Porsche. Eigenes Bild

Auf dem diesjährigen Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart waren Vertreter der Letzten Generation und ROBIN WOOD e.V. präsent. Sie haben gesungen. Warum sie ausgerechnet der FDP unaufgefordert was vorgesungen haben bleibt ein Rätsel: „Wie wärs ihr gründet eine Partei und sucht euch demokratische Mehrheiten für eure Position?“ fragte Christian Lindner die Sänger .

Da die Frage unbeantwortet blieb, hab ich mich auf Twitter auf die Suche nach Antworten begeben. Das war mutig von mir, muss ich im nachhinein sagen. Aber auch aufschlußreich. Die Reaktionen auf meine unaufgeforderte Relativierung der Pressemeldungen, die „Letzten“ und „Robin“ hätten die Veranstaltung „gestört“ (kaum) waren vorhersehbar. Ich zitiere wörtlich:

„Jetzt mal ehrlich: - das FDP-Stammklientel interessiert sich einen Scheiß für Klimaschutz. - wer sich dafür interessiert weiß, dass die FDP Scheiße erzählt. Für wen behaupten die das eigentlich immer?“

Dennoch bleibt da der FDP-Aktivist erstmal sprachlos zurück. Vor allem der fast schon imperative Ton läßt natürlich Repliken wie: - Natürlich interessiert sich das FDP Stammklientel für Umweltschutz - völlig nutzlos erscheinen. Woher, erstens, kommt diese Schiefsicht auf die FDP, und, zweitens, warum gleich zur Eröffnung in diesem fast schon auffordernden Ton? So, als WOLLE mann, dass sich die FDP einen Scheiß für Umweltschutz interessiert und wehe man kommt irgendwann zu der Erkenntnis, dass sie es doch tut. Nächstes wortwörtliche Zitat, nichts weggelassen, nichts hinzugefügt.

#Ökozid ist #Völkermord! Und die Verantwortlichen gehören lebenslang in den Knast. #Lindner und #Wissing sind hier nicht besser als andere Verbrecher in der Vergangenheit. Sie sind mit für Dürre und Hungersnot verantwortlich. #Klimakatastrophe #Klimaterroristen

Punkt. Ist das einfach nur dämlich? Zum Teil vermutlich schon; überwiegend aber natürlich die Suche nach Feindbildern. Der ewige Feind des freien Denkens: Die Sorge sich nicht gruppenkonform zu verhalten. Nicht die sinnvolle Konklusion ist das Ziel des Gedankens. Sondern die Sorge darum, möglichst nicht aus der engen Kuschelzone des Gruppengedankens herauszufallen. Dazu braucht es zwingend ein möglichst einfaches und gleichzeitig unheimliches Feindbild. Wie komme ich darauf? Die Diskussion dreht sich sehr schnell weg vom angeblichen Kernthema, dem Klimaschutz, was auch immer das sein soll, hinzu weiteren populären FDP-Dämonisierungen: Lobby, Mundschutz, Porsche, Freiheit der Meinungsäußerung. Zitate:

„Heißt das jetzt, das die #FDP die an die #FDP gezahlten #Schmiergelder der #Auto- #Atom und #Rüstungsindustrie in den #Klimaschutz investieren möchte?“

Das ist kein Vorwurf, kein Verdacht. Aus Sicht des Autors ist es die Referenz auf eine feststehende Tatsache. Nicht hinterfragbar. Später wird dann klar, dass mit „Schmiergeld“ wohl auch die allgemeinen Parteispenden gemeint sind. Von denen ja nachweislich auch andere Parteien leben. CDU, Grüne und DKP stechen da immer wieder heraus; egal - das FDP-Mitglied steht hier wohl für den prototypischen Scheinriesen des vom industriell-militärischen Komplex gekauften Politikers. Diskutieren zwecklos.

Das Ende der Corona-Pandemie trifft einige besonders hart. Tschüß Freiheitseinschränkungen, das darf nicht sein. So sehr beim Klimawandel auf die angeblich unwiderlegbaren Beweise für den Weltuntergang nächsten Donnerstag gepocht wird -   beim Pandemie-Ende interessiert auf einmal die Wissenschaft nicht mehr. Beim bevorstehenden Normalzustand hört der Spaß auf. Der Hinweis darauf, dass Streek und Drosten die Pandemie für beendet halten, der freiheitlich rechtsstaatliche Normalzustand droht, löst bei meinen Klimaaktivisten regelrecht Panik aus. Schuld ist natürlich, man ahnt es, die FDP.

„…Die WHO hat die Pandemie am 11.3. 20 ausgerufen und nur die WHO kann das ändern. Nicht eine handvoll deutscher Wissenschaftler, nicht die FDP, nicht Sie.“

„Den Gesundheitsschutz der Bevölkerung hat ausser der AFD niemand so sehr zerstört wie die FDP. Mitten in einer Pandemie. #FDPunter5Prozent“

„Fortführung der maskenpflicht wegen „Corona-Gefahr“. Vielleicht mal schauen was mit xbb auf uns zu rollt. Aber gut, sie stellen sich halt dümmer als sie hoffentlich sind.“

Und, im Eifer des Gefechts kommt er dann endlich. Der Satz der mich gleichzeitig lachen und erschauern läßt, immer noch:

„Meiner Meinung nach sollten Politiker nicht einfach sagen und schreiben dürfen, was sie wollen, nur um ihre politischen Ziele durchzusetzen.“

Wow. Schluck. Klar, der Schreiber hat sich in seinem erkennbaren Furor beim innerlichen Rumschreien selbst überholt, als er das schrieb. Kann man hier den Wunsch nach Unfreiheit, nach Führung herauslesen? Es würde zum Rest der zahlreichen Posts passen. Mir läufts da kalt den Rücken runter, deswegen hier nochmal öffentlich: Ich will in einem Land leben in dem JEDER sagen und schreiben darf WAS ER WILL. Auch wenn mir das Gesagte nicht gefällt. Ich sage das so deutlich, weil ich mich gerade gegen die zunehmenden, mehr oder weniger zaghaften Einschränkungen der Meinungsfreiheit stelle. Die zum Beispiel unser Bundespräsident oder die Innenministerin für so wichtig hält. Ja, öffentliche Debatte in einer Demokratie ist kein Gruppenkuscheln.

Die Tatsache, dass in dieser Debatte dann schnell von Klimaschutz schon lange keine Rede mehr ist zeigt mir, und das als Fazit:

Das Festkleben fürs Klima ist ein Hilferuf. Keiner fürs globale Klima, sondern gegen eine individuelle Überforderung aus gesellschaftlichem Pluralismus, medialer Dauerhorrorfizierung der wahrgenommenen Welt und fehlender Ambiguitätstoleranz. Nicht der Klimawandel oder das Virus werden bekämpft. Die Unbestimmtheit. Die Freiheit halt. Da schließt sich der Kreis, da erklärt sich der Aufbau eines monströsen Feindbilds mit allen Mitteln. Und das endet dann natürlich, wo es enden muß: auf dem Schulhof. Das letzte Zitat ist einfach ein Klassiker. Ist aber original so in einer Diskussion auf Twitter im Januar Anno Domini 2023 zum Thema Klimaschutz gefallen:

„….Aber wer einen MiniPenis hat und diesen mit einem Porsche kompensieren muß versteht sowas natürlich nicht.“

Und da ging sie dahin, meine Hoffnung, von Experten was Neues zum Thema globales Emissionsproblem, Wege zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft zu erfahren. Ich frage jetzt gleich mal bei der Porsche AG an ob das so funktioniert.