PFAS

Mathias Zeuner PFAS-Verbot
Perfluoroctansulfonsäure (Anion Perfluoroctansulfonat oder kurz PFOS) ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS). Möglicherweise verboten.

Ich bin auch nur ein Mensch. Wenn ich „PFAS-Verbot“ höre, denke ich: Ohje der nächste Coup der Bullerbü-Politiker. Zurück zum Bauernhof des 19. Jahrhunderts. Schluß mit Gore-Tex-Jacken, Beatmungsgeräten, Zahnseide, Kondomen und Wärmepumpen. Jute statt Plastik.

Ich google, und wumms: “... verringerte Fruchtbarkeit, höhere Cholesterinwerte, höheres Diabetesrisiko, erhöhte Krebsgefahr: All das kann durch PFAS ausgelöst werden. Sie werden als Ewigkeits-Chemikalien betitelt, weil sie sehr langlebig sind und in der Natur kaum abgebaut werden.“

Auch nicht so schön. Die Gore-Tex Jacke ist immer noch wasserdicht, lange nachdem der darin bei der Bergwanderung politisch korrekt erfrorene Stadtradler mit Diabetes biologisch abgebaut wurde. Gut, es gibt Schlimmeres als das Verschwinden von Funktionskleidung aus Fußgängerzonen und Namche-Bazar. Etwa das Verschwinden von deutschen Traditionsunternehmen wie Dräger Medizintechnik. „Wenn das so kommt, dann können wir zuschließen“ wird Stefan Dräger, der Familieneigentümer und Vorstandschef des Unternehmens zitiert. Mit „das“ gemeint ist wohl der Vorschlag des Umweltbundesamtes (u.a.) zur EU-weiten Beschränkung von PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) bei der Europäischen Chemikalienagentur. 

Und da gehts los. PFAS sollen also nicht verboten werden(?), sondern deren In-Umlaufbringung restriktiver kontrolliert werden. Ausnahmen sollen zugelassen werden. Schon ist die Diskussion nicht mehr nur chemischer Natur. Sie ist politisch. Ob es in Zukunft nun PFAS-haltige Kondome oder Beatmungsgeräte geben darf entscheidet dann die EU. Uschi. Ich zitiere eine bekannte deutsche Außenministerin, die sich oft verspricht: „Jedes Verbot ist ein Innovationstreiber“. Ob das ein Versprecher oder ernst gemeint war läßt sich schwer ermitteln. Ich bin da auf jeden Fall anderer Meinung.

Aber: Wenn man die eigene Perspektive mal um 360, äh, Entschuldigung, 180 Grad, dreht: Die Firma Goretex will in Zukunft ohne PFAS atmungsaktiv bleiben. Ist das ein Erfolg des drohenden Verbots oder der Einsicht, dass es schöner ist, wenn der gescheiterte Mount-Everest Bezwinger MIT seiner Jacke verrottet? Kondome, Zahnseide und Pfannen gabs auch vor PFAS und wird es auch danach geben.

Zum drohenden Umbau Deutschlands in einen Bauernhof durch PFAS Regulierung gibt es auch diese Ansicht eines hessischen Mittelständlers: „Quatsch! … Ich stelle grad meine komplette Firma auf PFAS freie Materialien um … viele andere haben schon freiwillig … umgestellt. Nur die Lobbyisten behaupten das geht nicht … .“ Sagt Uwe Schlitt, geschäftsführender Gesellschafter der OLDUS GmbH. Uwe weiß wovon er spricht. In der Kategorie Umwelt des Signal-Iduna Preises 2023 wurde er für seine Erfindung einer neuen Generation von Dosieranlagen für die PFAS- und PTFE-freie Herstellung von Farben mit Kolbenpumpen geehrt. 

Also viel Wind um Nichts? Muß der Mittelstand der Industrie erklären, wo es langgeht? Ist tatsächlich die Regulierung hier Innovationstreiber? Jedenfalls scheint mir Uwes Erfindung sinnvoller zu sein, als EU Cookie-Banner auf Homepages. Natürlich braucht es grundsätzlich Regelungen und natürlich müssen Regelungen mit einer immer komplizierter werdenden Welt Schritt halten. Das heißt, Regulierung muß intelligenter werden. 

Ich kauf jetzt erstmal PFAS verseuchte Zahnseide. Nicht was Sie denken.