Abschied

Irgendjemand hat am Ende der Ampelkoalition 2024 mal „D-Day“ gesagt. Er hatte recht. Deutschland stand vor einer richtungsweisenden Entscheidung. Und hat die Null gewählt. Zitat NZZ
„Die Korrektur (Anm. von Habecks Progonse des deutschen Wirtschaftswachstums 2025 auf Null ) ist dabei nicht nur eine persönliche Niederlage für den Grünen-Politiker, der in wenigen Tagen das Amt räumt. Sie markiert zugleich einen historischen Tiefpunkt: Nach einem Minus von 0,3 Prozent im Jahr 2023 und einem weiteren Rückgang von 0,2 Prozent 2024 bliebe das Wachstum nun bereits im dritten Jahr in Folge aus – ein bislang einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik.“
Niemand leugnet es: Die deutsche Wirtschaft litt und leidet in der Amtszeit Robert Habecks nicht nur unter ihm selbst. Ukraine-Krieg, Terrorismus im nahen Osten und nun Trump - all das sind elementare Bedrohungen, insbesondere auch der deutschen Wirtschaft. Aber, es gibt auch deutsche Probleme. die weiter verschlafen werden.
Laut ChatGPT „tragen mehrere Faktoren zur aktuellen wirtschaftlichen Situation bei:
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Internationale Handelskonflikte: Neue US-Zölle auf EU-Waren belasten die exportorientierte deutsche Industrie erheblich .Reuters+2Financial Times+2Reuters+2
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Strukturelle Herausforderungen: Demografischer Wandel, Digitalisierung, Dekarbonisierung und Deglobalisierung erfordern einen umfassenden Umbau der Produktionsstrukturen .Startseite
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Hohe Sozialabgaben: Ohne Reformen könnten die Sozialabgaben bis 2035 auf über 50 % steigen, was den Konsum und die Investitionen hemmt .Sachverständigenrat für Wirtschaft+2DIE WELT+2Sachverständigenrat für Wirtschaft+2
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Politische Unsicherheit: Unklare wirtschaftspolitische Maßnahmen und fehlende Einigkeit innerhalb der Regierung verstärken die Unsicherheit bei Unternehmen und Investoren“
Natürlich kann es niemanden verwundern, dass es gerade ein grüner Wirtschaftsminister ist, unter dem Deutschland eine historische Talfahrten durchmacht. Wer politische Angst vor Wirtschaft, Wirtschaftswachstum und technologischen Veränderungen hat - der kann die Wirtschaft nicht nach vorne bringen. Ich weiß, im Programm der Grünen steht, dass man dort nichts gegen gegen Wirtschaftswachstum hätte, solange ökologische und soziale Werte in die Unternehmensbilanzierung integriert und die Umwelt- sowie Sozialkosten internalisiert werden. Völlig richtige Ansätze also, auch für einen wirtschaftsliberalen. Blöd nur, das es nicht nur auf Worte ankommt, sondern auch auf die Taten. Die Umsetzung. Solange im Bundestag Grüne sitzen, für die Kapitalismus, Marktwirtschaft und Wachstum Schimpfworte sind, nützt all das schöne Geschraube an Grundsatzprogrammen nichts. Es ist doch kein Zufall, dass der Vorstand der Partei und ihrer Jugendorganisation während der Hochphase des Ampelstreits um die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands zurücktrat, weil das bisschen Wachstum was Habeck in Aussicht stellte schon zuviel war. Zitat Vorstand Grüne Jugend:
„…und glauben, dass es mittelfristig keine Mehrheiten in der Partei für eine klassenorientierte Politik gibt, die soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt.“
Da fragt man sich natürlich erstens, ob ich unter „klassenorientierter Politik“ das gleiche verstehe, wie die grüne Jugend. Nämlich den geistigen Rückfall in Zeiten, als die SPD noch ein Klientel hatte. Von der hier übrigens kaum die Rede ist, obwohl sie ja seit 2013 durchgängig mitregiert, aber das ist ein anderes Thema. Zweitens, ob die grüne Jugend das eigene Parteiprogramm überhaupt gelesen hatte und drittens, ob das programmatische Bekenntnis der Grünen nicht eben doch genauso viel wert ist, wie das Bekenntnis der CDU zur Schuldenbremse und zur Wirtschaftswende. Also nichts. So oder so: Es gibt auch auf das Handwerk an, und da mangelt es eben auch gewaltig siehe GEG, vulgo Heizungsgesetz, oder CSRD. Ja, der Anspruch ist da bei den Grünen, bis hin zur Überheblichkeit - aber sie können es halt einfach nicht.
Deswegen war auch der Begriff D-Day, also Tag der Entscheidung richtig gewählt, für das Angebot, die Forderung die Christian Linder, die Freien Demokraten, Scholz und Habeck, dem deutschen Wirtschaftsminister und seinen Kanzler im Oktober 2024 unterbreiteten: Wirtschaftswende or bust. Der Ausgang ist Geschichte. Deswegen präsentiert der schlechteste deutsche Wirtschaftsminister Habeck nun als eine seiner letzten Amtshandlungen erneut eine desaströse Wirtschaftsprognose. Klar, ich höre seine angeblich so vernünftigen, Wirtschaft und Ökologie vereinenden Parteifreunde innerlich aufatmen: „So schlimm ist das ja nicht und die Natur wird sich endlich mal erholen. Vielleicht regnet es ja jetzt mehr auf den Münchner Waldboden“
Nein, liebe Helmberts: Es ist schlimm, es wird nicht mehr regnen nur der globale Süden wird halt mehr produzieren, mehr CO2 erzeugen und wir schauen doof aus dem Küchenfenster. Es ist ein Trauerspiel
Nun wurde ja eine neue Regierung gewählt. Smiley. Wir wissen es inzwischen: Die Kraft für die Wirtschaftswende für die notwendigen Reformen fehlt der neuen Schuldenkoalition. Merz ist nicht der Macher, für den er sich verkauft hat. Er hat es nicht geschafft, aus der CDU was anderes al einen Kanzlerwahlverein zu machen, beim dem der eine heute diese, der andere morgen was anderes in die Kamera spricht, immer im Schwiegersohn-Sparkassendirektor Look- and-Feel natürlich. Hauptsache: Wir machen es allen recht. Von Söder, der sich auf einmal freut, dass nichts von einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen im Koalitionsvertrag steht, bis hin zu Uschi im Europa, die weiterhin am Verbrennerverbot, also am Mobilitätsverbot für Deutschland arbeitet - Sie finden in der CDU jeden Standpunkt den sie brauchen. Hauptsache Kanzler.
Man sollte sich also nicht wundern, wenn die Schuko Habeck bittet doch weiterzumachen. Immerhin war er ja am Küchentisch beliebt. Vielleicht freut sich der ein oder andere Sandalenträger und applaudiert Merz dann doch als Kanzler? Alles für den Dackel, alles für den Klub. Selbst das bisschen Reform, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, ist nachgerade lächerlich angesichts der Herausforderungen. Und selbst dabei kann sich Merz bei seinem Koalitionspartner nicht durchsetzen. Was natürlich gerade vor dem Hintergrund lustig ist, dass die CDU der FDP in der Ampel immer vorgeworfen hat, sich mit wirtschaftsvernünftigen Themen nicht durchsetzen hätte können - als kleinster Koalitionspartner. Merz schafft das nichtmal als großer Bruder.
Es ist doch so: Robert war doch irgendwie auch ganz nett. Beliebt. Warum also Abschied? Man hätte die Ampel behalten können.
Mathias Zeuner