Dance
Ich bin bekennender Elon Musk Fan. Genauer: Ich war es, bis er anfing mit Donald Trump zu tanzen.
Ich setzte auch mal Hoffnung in die politischen Fähigkeiten von Donald Trump. Als er 2016 gegen Hillary Clinton antrat, als er eben noch eine leere politische Projektionsfläche bot, als er zumindest mir als Außenstehendem noch glaubwürdig erschien, erscheinen konnte, in der Rolle des politischen Machers gegen seine erkennbar bürokratisch orientierte und wenig inspirierende Rivalin Clinton: Ja, da hoffte ich, dass sich seine Wahl als die bessere herausstellen würde. Ich hab mich getäuscht. Schon während er amerikanischer Präsident war, erschien mir die erhoffte visionäre Aufbruchspolitik dann doch zu oft als geistige Schlichtheit. Stellte sich die erhoffte Klarheit der Diplomatie eher als Fehlen eines politischen Kompasses heraus. Als er dann anfing Jong-un nett zu finden und Putin für eine Art Schulhof-Buddy hielt, als er anfing das westliche Bündnis in Frage zu stellen und schlußendlich behauptete, seine Abwahl wäre ein klares Zeichen für ein verlottertes demokratisches System, da reifte in mir die Erkenntnis, dass er nicht in die Liste derer gehört, die ich für ihren politischen Weitblick bewundere. Dass er ein politisches Leichtgewicht ist, ohne vernünftige Ziele, ohne Inhalte und Grundsätze, außer zu behaupten, zu glauben alle anderen wären doof. Also in etwa so wie Höcke und Wagenknecht. Ein Populist ohne politisches Rückgrat. Es fiel mir leicht, mich innerlich von Donald Trump zu verabschieden.
Bei Elon Musk fällt mir das schwerer. Natürlich, die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn, zwischen Visionär und Dummbeutel, die ist fließend. Wobei mir der Gedanke gefällt, dass die zeitgenössische Klassifizierung von Menschen als „Genie“ eine im schlechtesten Sinne bürgerliche Erfindung ist, einfach um als Normalo ohne Scham weiter spießig und mutlos sein zu können. Spießig und mutlos ist Musk nicht, soweit ich das aus der Ferne beobachten, anhand seiner Taten beurteilen kann. Im Gegenteil, mutig, freigeistig, und eben visionär so sah ich den Unternehmer im wörtlichen Sinn. Und alles andere als so einfach gestrickt wie Trump. Kann man sich Musk als vermeintlichen Erlöser einer Gruppe amerikanischer ultraorthodoxer Klerikaler vorstellen, die fest daran glauben, dass die Erde und das Leben vor 6.000 Jahren buchstäblich so entstanden ist, wie es in der Bibel steht? Kann man ihn sich vor einer Gruppe als Village-People verkleideter Hinterwäldler vorstellen, die das Capitol stürmen, weil sie glauben, sie müssten die Welt vor den Reitern der Apokalypse retten? Also, um das klarzustellen: Von mir aus kann jeder zum Buch Genesis seine eigene Meinung haben - aber eins ist für mich keine Frage des Glaubens: Wer ein Unternehmen wie SpaceX erfolgreich und visionär führt, so wie Musk das tut, der muss was auf dem Kasten haben. Wer es schafft, Menschen zu motivieren, den ersten Full-flow-staged-combustion Raketenmotor der Menschheit zu bauen, der jemals ins All geflogen ist, und diesen zusammen mit einer 5.000 Tonnen Rakete wieder zentimetergenau auf dem Startgerüst landen zu lassen - der muss weiter über den Tellerrand schauen können als Trump.
Warum tanzt der Visionär, mein Visionär, dann für den gesellschaftspolitisch Blinden? Man merkt: Ich will es nicht glauben. Aber es ist wahr. Nun kann man natürlich sagen: Trump war nicht immer so. Er ist halt übergeschnappt. Und vielleicht ist es Musk genauso ergangen. Möglicherweise liegt es an der fehlenden Vielfalt der politischen Angebote in den USA. Im Vergleich zur politischen Landschaft in Deutschland ist die Wahl zwischen Demokrat und Republikaner ja nun wirklich nicht die Möglichkeit seine politische Heimat fein ziseliert herauszuarbeiten. Vielleicht ist es einfach nur die Hoffnung, dass die FAA Genehmigung für den nächsten Raketenstart von Boca Chica aus mit Trump als Präsidenten schneller zu realisieren ist als mit Harris.
Das könnte ich ja noch verstehen. Ich weiß es nicht. Es ist das Ende eines Traums.