Mathias Zeuner

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Sozial

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Gut so. Aber Meinungen vertreten ist nicht immer kuschelig.

Welpe

Süß. Nicht meiner, kein FDP Mitglied. Bild: Pixabay

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Gut so. Aber Meinungen vertreten ist nicht immer kuschelig.

Vor allem im Zeitalter der sozialen Medien. Daran, das Bilder meines Hundes weitaus öfter geliked werden als meine politischen Tiraden, daran habe ich mich gewöhnt. Das ist verständlich. Spannend wirds aber, wenn es um den Austausch politischer Positionen in den sozialen Medien geht. Also um etwas mehr als Hundewelpen süß zu finden. ‚tschuldigung, ich bin schon wieder arrogant. Geht weiter.

Es sind Muster erkennbar. Jemand posted was, und erwartet natürlich Kuscheleinheiten seines, im Fachjargon „Blase“ genannten, sozialen Umfelds. Wenn das, was ich poste dazu nicht kompatibel ist, heißt es: Ach ja, FDP. 3%. Daraufhin verweise ich, mehr oder weniger höflich darauf, dass meine politische Überzeugung nicht von Umfragewerten der FDP abhängen. Auch nicht der Wahrheitsgehalt oder die Sinnhaftigkeit eines Social-Media-Posts. Spätestens dann geht es ad hominem: Doof und arrogant sei ich, würde ja eh nix verstehen. Darüber lasse ich mit mir diskutieren, alles ok. Dann geht es üblicherweise hin und her, oft rüde, zuweilen aber tatsächlich mit dem Austausch von Argumenten.

Was aber auch nicht selten passiert, und das ist eine interessante Spielart des postmodernen Sozialverhaltens, insbesondere auf Twitter: Ich werde blockiert. Heißt der über meine Doofheit erboste, vielleicht auch über die eigene, weiß ich nicht, wirft mir eine abschließende Beleidigung an den Kopf und blockiert mich. Heißt er verhindert, dass ich ihm weitere Botschaften zusenden kann, ihn kontaktieren kann. Klar: Man möchte unter sich bleiben. Sich nicht mit unliebsamen Botschaften auseinandersetzen. Nicht nochmal was hören, was einem nicht gefällt. Wie bewertet man sowas? Nicht jeder ist zum Politiker geboren. Jede Komfortzone ist unterschiedlich. Klar, man kann sich schon fragen, wieso man sich dann überhaupt erst in die soziale Öffentlichkeit begibt mit den eigenen, ja oft nicht zimperlichen Botschaften.

Ich denke da an Sebastian Hotz, vulgo „El Hotzo“. Der sich gern auch mal mit Tötungsfantasien in die Twitter-Öffentlichkeit wagt. Der also, deutlich ausgedrückt, das Maul ziemlich weit aufreißt. Aber gleichzeitig offen zugibt, dass er die Geborgenheit der eigenen Jubilare braucht. Die er sich mit dem Schreiben von „Unsinn“ erschleicht, wie er selbst sagt. Unnötig zu betonen, dass das elektronische Gezwitscher zwischen mir und Hetzo nur kurz weilte, bevor er mich blockierte. Dem Himmel sei Dank.

Aber, es geht noch skuriler. Mancher, der sich in der Lage fühlt, dem deutschen Finanzminister pauschal und ohne jede Begründung zu unterstellen, dass noch kein anderer wie er „gegen die Interessen des eigenen Landes gehandelt hätte“ misst die Sinnhaftigkeit der argumentlosen Behauptung an der Zahl derer, die ihn liken. Glauben Sie nicht?

Post auf Twitter:

 

Tumb auf Twitter
Ich stelle eine Frage auf Twitter. Bild: Screenshot
Like mich!
Ich bekomme eine Antwort: Keiner mag mich. Bild: Screenshot

 

Was ich sage, nein nur meine simple Frage, muss irgendwie falsch sein, weil ich ja weniger Likes habe. Ist das lächerlich oder traurig? Ich meine letzteres. Ich gehöre ja nun wirklich nicht zu denen, die ständig den Niedergang der intellektuellen Kultur in Deutschland beklagen. Oder die fortschreitende Digitalisierung als Bedrohung für die Bildung, als Niedergang der Kultur wahrnehmen. Im Gegenteil. Politik der Kuschelsehnsucht und Furcht vor der solitären Meinung, der sozialen Ausgrenzung gabs schon immer. Früher gabs halt kein Twitter. 

Ich vermute stark, in den Zeiten vor der Aufklärung wäre ich auf dem Scheiterhaufen gelandet. Heute liked mich halt niemand. Außer meinem Hund. Und, wer weiß, wenn Christian Lindner das liest? Nein, nur Spaß. Gute Arbeit als Finanzminister ist nicht kuschelig.

 

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